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Die Einleitung des Textes offenbart schon ein Ergebnis des Jahres 2014 auf Ebene der Verwaltung: Zum Ende der Probephase der Fachstelle Kinder- und Jugendschutz hat die Bistumsleitung im Sommer 2014 eine neue, dauerhafte Lösung im Regelbetrieb des Bistums beschlossen. Der bisherige Arbeitsbereich ZB 1.3.2 Beratungsdienste und die Fachstelle Kinder- und Jugendschutz sollen ab 2015 gemeinsam mit dem Kirchlichen Notariat die neue Abteilung ZB 1.7 bilden. Präventionsbeauftragter des Bistums soll die jeweilige Abteilungsleitung sein. Dieser Schritt signalisiert, dass es das Bistum mit der Prävention ernst meint. Hier ist eine Daueraufgabe neu entstanden. Sie besteht darin, mit dafür zu sorgen, dass sichere Räume für Kinder- und Jugendliche und erwachsene Schutzbefohlene zum Standard kirchlicher Arbeit werden.
Dies passt zu den Entwicklungen im Bereich der Lebensberatungsstellen. Das Arbeitsfeld „insoweit erfahrene Fachkraft“ nimmt in den meisten Landkreisen an Bedeutung zu. Zunehmend gibt es Leistungsvereinbarungen, auf deren Grundlage Mitarbeitende der Lebensberatung als InSoFa (oder Kinderschutzfachkraft) Mitarbeitende in Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche betreut werden, unterstützen. Seit dem neuen Bundeskinderschutzgesetz haben auch Lehrkräfte an Schulen und Ärzte einen entsprechenden Beratungsanspruch, so dass abzuwarten ist, ob der Bedarf durch Nachfrage aus dem Bildungs- bzw. Gesundheitsbereich weiter steigen wird.
Die Aufgabe ist dabei verantwortungsvoll: es geht um das Wohl des Kindes. Das gestaltet sich nicht immer so einfach, wie es eine aufgeheizte Diskussion erscheinen lässt. Viel häufiger als eindeutige Situationen sind es die ambivalenten Situationen, die Grenzfälle, die unsicher machen, was der richtige Weg ist, um für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen einen Beitrag zu leisten. Gerade wenn andere Maßnahmen eher helfen, als eine hoheitliche Intervention, die geboten ist, wenn Leib und Leben bedroht sind, muss ein Drahtseilakt gegangen werden, damit Personensorgeberechtigte sich nicht angegriffen fühlen, sondern Vertrauen haben in einen angebotenen Unterstützungsweg und so das beste für das Kind erreicht wird. Bedenkt man das, versteht man, wie wichtig die Beratung durch die InSoFa ist, gerade weil die betreuenden Fachkräfte oft sehr genau das Risiko spüren, das darin besteht, eine Kindeswohlgefährdung nicht sachgemäß einzuschätzen. Und sowohl ein zu viel wie ein zu wenig an Maßnahmen kann weitreichende Folgen haben.
Bezogen auf die Arbeit der Lebensberatungsstellen ist die Aufgabe der InSoFa Teil eines Gesamt-Trends, der u. a. daraus resultiert, dass es im Rahmen der Sozialraumorientierung an vielen Standorten niedrigschwellige Angebote gibt. Denn damit werden einfachere Problemkonstellationen präventiv bearbeitet, aber auch komplexe und schwere Problemkonstellationen bzw. Multiproblemkonstellationen vermehrt entdeckt und an die Lebensberatungsstellen verwiesen.
Die zunehmende Verdichtung von Alltagbelastungen führt offenbar dazu, dass Familien und Einzelne schneller an die Grenzen ihrer Bewältigungsressourcen gebracht werden.
Es kommen Menschen, die von Schicksalsschlägen betroffen sind, Paare, die um ihre Ehe ringen, Familien, die in hoch belasteten Alltagssituationen ein Gleichgewicht suchen, Kinder und Jugendliche, die durch die Trennung ihrer Eltern aus der Bahn geworfen sind. Menschen aller Altersgruppen, die in Konfliktsituationen und vielfältigen Notlagen keinen Ausweg sehen. In den Leistungen der LB bildet sich dies ab in den Symptombereichen, in denen immer mehr Merkmale vorkommen die z. T. bereits psychotherapierelevant sind. Aufgrund der Wartezeiten von über einem Jahr im Bereich der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung entsteht oft die Notwendigkeit, die Zeit bis zum Beginn einer Behandlung zu überbrücken und zu stabilisieren. Damit nehmen die LB’s immer mehr die Rolle einer Psychosozialen Fachambulanz für Lebens- und Familienkrisen ein. Auch die amtlichen Zuweisungen nehmen zu. Exemplarische Felder:
Verbunden mit dem Generationenwechsel in den Lebensberatungsstellen erwächst aus diesen Anfragen zunehmend die Aufgabe, eine kontinuierliche Qualifizierung von Mitarbeitenden zu etablieren, damit diese fachlich adäquat auf die sich ebenfalls rasch ändernden Probleme der heutigen Lebenswelt reagieren können.
Dazu gehört auch, dass der „Overhead“ an Verwaltung, Begleitung, Qualifizierung und Qualitätsentwicklung, den das Bistum als Träger aus eigenen Mitteln trägt, modern aufgestellt wird und als Supportprozess den Aufgaben der Beratung dient. Vorzubereiten, dass dies der neuen Abteilung gelingt, war ein wichtiges Projekt im zweiten Halbjahr, so dass die Abteilung wie geplant zum 01.01.2015 starten konnte. Dazu gehörte aber auch der Probelauf mit der Erstellung der Statistik über das neue Statistik-Programm SoPart, das jetzt in allen Lebensberatungsstellen im Einsatz ist. Dazu gehört die Anbindung der Verwaltung über SAP an die Zentrale. Und dazu gehört auch, dass jede Dienststelle über ein in sich geschlossenes EDV-System verfügt, so dass einerseits Technik auf Höhe der Zeit eingesetzt werden kann, ohne dass Klientendaten durch eine Verbindung mit dem Internet gefährdet würden. Dazu hat nunmehr jede Dienststelle einen eigenen Server, auf dem alle Daten lagern. So wird auch in dem (leider vorkommenden) Fall, dass ein Terminal-Computer gestohlen werden sollte, gewährleistet, dass kein Zugriff auf vertrauliche Daten erfolgt.
Technik wird auch für Klienten immer normalerer Bestandteil ihres Lebens, vor allem Smartphone und Tablet-PC, so dass das die Programmierung einer entsprechenden Oberfläche der Internetseite der LEBENSBERATUNG ebenfalls umgesetzt wurde. Die kontinuierlich steigenden Zahlen der Anmeldungen über E-Mail, der Online-Beratungen und der Verbindung von Face-to-Face-Beratungen mit Onlineberatung rechtfertigen diese Investitionen.
Das Ende des Jahres sah aber auch ein neues Feld, bei dem abzuwarten bleibt, welche weiteren Anforderungen daraus an die Lebensberatungsstellen resultieren wird: das Thema Flüchtlinge. Beratung bei Eltern und Paaren mit unterschiedlichem kulturellem und/oder religiösem Hintergrund ist zwar schon lange Thema. Auch werden Beratungen immer wieder einmal auch in unseren Beratungsstellen in englisch, französisch oder italienisch durchgeführt. Aber die Anfragen nehmen zu und vor allem der traumatische Hintergrund, den Menschen mitbringen. Mit Blick, gerade auf eine Ersthilfe bei Menschen mit traumatischen Erfahrungen, wurde das Faltblatt zum Thema Trauma neu bearbeitet und kann auf dieser Seite heruntergeladen werden. Die Zusammenarbeit mit den Fachdiensten kam dabei ebenfalls verstärkt in den Blick und ebenso der Informationsbedarf bei Ehrenamtlichen, die sich für eine Willkommenskultur im Bistum engagieren.
Dank des Bischofsfonds für Flüchtlinge konnte hier die Basis geschaffen werden, um zu prüfen ob und wie eine Soforthilfe Not tut. Aber das Thema ist wiederum eines von Dauer. Viel klarer als früher ist im Blick und gewollt, dass aus Flüchtlingen Neubürger werden. Und dass dies auch das Gesicht des Bistums bereits verändert hat und weiter verändern wird.
Spannende Zeiten. Umso wichtiger, dass es dafür solide Strukturen gibt.
Dr. Andreas Zimmer
Die Anzahl der Leistungen, die 2014 von den 20 Beratungsstellen im Bistum Trier erbracht wurden, betrug 8.748. Diese verteilten sich auf 19.446 Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Außerdem nahmen 11.422 Erwachsene, Kinder und Jugendliche an weiteren Angeboten der Lebensberatung wie Elternkursen, offenen Sprechstunden, Weiterbildungen teil.
weiblich | männlich | |
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über 60 Jahre | 235 | 97 |
50 bis 59 Jahre | 505 | 190 |
40 bis 49 Jahre | 545 | 226 |
30 bis 39 Jahre | 406 | 187 |
19 bis 29 Jahre | 416 | 208 |
13 bis 18 Jahre | 931 | 725 |
7 bis 12 Jahre | 860 | 1109 |
0 bis 6 Jahre | 905 | 1102 |
Bei Kindern und Jugendlichen... ...waren die wichtigsten Themen: | Bei Frauen und Männern... ...waren die wichtigsten Themen: |
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§ 16 Allgemeine Förderung der Erziehung | 73 |
§ 17 / § 18 Beratung zu Partnerschaft, Trennung und Scheidung, Ausübung der Personensorge | 450 |
§ 17 / § 18 in Verbindung mit § 28 zusätzlich kombiniert mit Erziehungsberatung | 2.768 |
§ 28 Erziehungsberatung | 2.694 |
§ 41 Beratung junger Volljähriger | 295 |
Von den Kindern und Jugendlichen bis unter 18 Jahren (N = 5.498) leben:
53 % bei beiden leiblichen oder Adoptiveltern
32 % bei einem alleinerziehenden Elternteil
10 % bei einem leiblichen Elternteil mit Stiefelternteil oder Partner
2 % bei Großeltern, Verwandten oder in Pflegefamilien
1 % in anderen Wohnsituationen
Das heißt: 46 % aller Kinder und Jugendlichen leben nicht in ihrer Ursprungsfamilie.
Arbeit mit und für Klienten | 68 % |
Qualitätssichernde Maßnahmen | 17 % |
Präventive Angebote | 9 % |
Vernetzende Tätigkeit | 5 % |
Beispiele für vernetzende Tätigkeiten:
Mitarbeit im Arbeitskreis Trennung und Scheidung, Jugendhilfeausschuss, Projektarbeit und fallübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Öffentlichkeitsarbeit
Beispiele für qualitätssichernde Maßnahmen:
Fortbildung und Supervision der Fachkräfte, fachlicher Austausch im Team, konzeptionelle Weiterentwicklung der Beratungsstelle
Beratungen 0 bis 3 Stunden | 42 % |
Beratungen 4 bis 10 Stunden | 39 % |
Beratungen länger als 10 Stunden | 19 % |
Was uns auffiel:
Die durchschnittliche Beratungsdauer pro abgeschlossenem Fall liegt bei 6,8 Stunden.
Über Geld wird in der konkreten Beratungsarbeit wenig gesprochen. Für die Ratsuchenden gilt das Prinzip der Kostenfreiheit.
Dennoch bleibt: Guter Rat ist teuer! Er ist vor allem personal- und zeitintensiv.
Gesamtkosten 2014 davon: | 6.780.317,28 € |
Fachpersonalkosten | 5.149.810,67 € |
Verwaltungspersonalkosten | 811.992,17 € |
Sachkosten: | 818.514,44 € |
Das Bistum Trier ist Träger von 20 Erziehungs-, Ehe, Familien und Lebensberatungsstellen, davon 14 Beratungsstellen in Rheinland-Pfalz und 6 Beratungsstellen im Saarland. Die Finanzierung wird vom Bistum Trier und mit Zuschüssen vom Land Rheinland-Pfalz und der kommunalen Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz und dem Saarland sichergestellt. Die Zahlen aus 2014:
Im Jahr 2014 hat das Bistum Trier 3,51 Mio. € für seine 20 Beratungsstellen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland aufgewendet. Hinzu kommen die Landes– und Kommunalzuschüsse von insgesamt rund 3,27 Mio. €.
Rechnet man die Kosten anteilig auf die einzelnen Beratungen um, dann werden für jeden Beratungsfall bistumsweit ca. 775 € an Steuer- und Kirchensteuergelder eingesetzt.
Die präventiven und vernetzenden Tätigkeiten der Beratungsstellen sind (mit Ausnahme von Zusatzprojekten) in den o. g. Zahlen enthalten. Sie sind im Sinne des staatlichen Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII), wie auch im Sinne der kirchlichen Sozial-, Jugend-, Ehe- und Familienpastoral integraler Bestandteil der Beratungsarbeit.